Wolle – Wärmt auch wenn Sie nass ist! Hört man immer wieder, aber was ist dran? Ein oft gebrauchter Argumentationsknüppel ist ja „Wolle kann 1/3 oder 33% seines Gewichtes in Wasser aufnehmen, ohne sich feucht anzufühlen!“ Super – aber wärmt das auch?
Das Problem ist die Formulierung „Wärmt auch wenn nass“ –> Korrekter wäre „Hat keinen Isolationsverlust, wenn unter 1/3 des Eigengewichts an Feuchtigkeit aufgenommen“ (und wer hat das Hygrometer dabei?).
Dann das erste Misskonzept: „Wolle“ wärmt nicht (genaugenommen wärmt gar kein Stoff, denn da wäre eine exotherme Reaktion von Nöten) überdurchschnittlich gut, weil es Wolle ist.
Wolle wärmt, weil bei der Verarbeitung der Wolle grosse Mengen Luft eingeschlossen werden. Denoch kann ich mit Wolle maximal eine Bauschkraft oder auch Loft von wenigen Zentimeter (2-3) erreichen, bevor das Gewicht untragbar wird. Daher macht der Schlafsack mit Daunenfutter, ungleich mehr Sinn. Dennoch isoliert die in der Wolle eingeschlossene Luft sehr gut. Aber eben nur bis zu den magischen 33% Feuchtigkeit!
Denn sobald der Stoff feucht ist, setzt eine Verdunstung ein. Und was bewirkt diese? Kühlung (darum wickelt man ja feuchte Tücher um Getränkeflaschen). Deswegen waren die Futter militärischer Feldflaschenhüllen auch noch im Zeitalter von Nylon und Polyester aus Wollfilz – weil leicht angefeuchtet kühlten sie perfekt!
Um also die Isolation zu erhalten, muss die Verdunstung verhindert werden. Das heist ergo, über die feuchte (ich werde der Einfachheit halber „feucht“ für eine Sättigung unter 1/3 oder 33% Eigengewicht nutzen) Wolle muss eine weitere, möglichst trockene, Schicht getragen werden, die idealerweise keine Feuchte aus der Wolle durch die Kapillarwirkung zieht!
Fazit: Ja, Wolle kann einiges an Feuchtigkeit ab, aber das oft proklamierte Bild, dass man auch im strömenden Regen, bei Wind und Hagel, im Wollmantel nicht erfriert – ist leider Unfug!
Leicht OT: All das ist der Grund, warum ich der Meinung bin, dass die Praxis „5 Wolldecken, wenn es Kalt wird!“ für hanebüchern halte, denn ein einfaches Leinenlaken, locker mit 10cm Stroh gefüllt wärmt deutlich besser und effektiver!
26. Februar 2018 at 23:42
Meine Erfahrung mit Wolle geht in die gleiche Richtung. Solange der Körper arbeitet, selbst noch Wärme produziert und die Bekleidung nicht zu nass wird, ist Wolle eine wunderbare Sache. Einer meiner liebsten Pullover für draußen ist der alte Bundeswehrpullover. Sehr robust, lang im Leib, billig, stinkt nicht, warm und luftdurchlässig.
Der große Nachteil ist aber: Ist Wolle erst einmal nass, und die Witterung bleibt nass, wird der Pullover nie mehr trocken. Und bis man ihn dann mit der eigenen Körperwärme getrocknet hat, hat man schon mehrfach darüber geflucht und beinahe erfroren.
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